Energiewende-Index zeigt: Schweiz muss Ambitionen verdoppeln
Die Schweiz ist noch weit weg vom Energiewende-Zielkurs, wie der aktualisierte Energiewende-Index zeigt: Insgesamt weisen vier der sieben Hauptindikatoren klar ungenügende Werte von 9 bis 58% des Zielpfads auf. Leichten Verbesserungen bei der Energieeffizienz stehen leichte Einbussen bei der erneuerbaren Energieproduktion gegenüber.
Mit dem überzeugten Ja zur Energiestrategie 2050 hat das Volk der Energiewende kräftig Schwung gegeben. Das spiegelt sich jedoch noch nicht im Energiewende-Index (EWX) von Pro Natura, Greenpeace, SES, VCS und WWF. Der EWX misst keine politischen Pläne, sondern den tatsächlichen Stand der Energiewende, etwa bei der Energieproduktion oder beim Schutz der Biodiversität in der Energienutzung. Die heute veröffentlichte jüngste Ausgabe zeigt kleine Lichtblicke: Der Indikator «Energieeffizienz» macht auf tiefem Niveau Fortschritte, weil wir mit weniger Energie gleich viel produzieren (von 3% auf 11% des Zielpfads). Der Indikator «Atomausstieg» zeigt ebenfalls leicht aufwärts, weil das AKW Beznau I seit März 2015 still steht und es darum weniger radioaktiven Abfall gibt (von 7% auf 9%). Bei anderen Indikatoren wie Kosten oder Stromausfälle ist die Energiewende weiterhin zu 100% auf Zielkurs.
Autos und Gebäude fressen unnötig viel Energie
Nach unten zeigt der EWX hingegen bei der Eigenversorgung mit Energie (von 44% auf 22% des Zielpfads). Der Grund: Im Messjahr produzierten insbesondere die Speicherseen weniger Strom. Weitere Indikatoren wie die Energieeffizienz von Personenverkehr oder Gebäuden stehen weiterhin auf 0%, sind also sehr, sehr weit vom Zielpfad entfernt. Insgesamt weisen vier der sieben Energiewende-Hauptindikatoren klar ungenügende Werte von 9 bis 58% des Zielpfads auf. Die Schweiz ist also noch nicht auf Kurs für die Energiewende. So hat sie die klimaschädlichste Autoflotte Westeuropas und täglich werden besonders klimaschädliche Öl- und Gasheizungen eingebaut, die in anderen Ländern bereits verschwunden sind.
Nächste Energiewende-Debatte in der heissen Phase
Mit der Energiestrategie-Abstimmung und der Ratifikation des Pariser Klima-Abkommens hat die Schweiz dieses Jahr immerhin den Willen gezeigt, langfristig auf Zielkurs zu kommen. Mit dem CO2-Gesetz kommt nun ein weiterer wichtiger Pfeiler der Energiewende in die politisch heisse Phase. Aus Sicht der Umweltverbände ist klar: Die Schweiz muss ihre Ambitionen beim Klimaschutz mindestens verdoppeln, um auf Energiewende-Zielkurs zu kommen – also um ihre Energieversorgung endlich auf ein sicheres, wirtschaftliches und umweltverträgliches Fundament zu stellen.
Kasten: So funktioniert der Energiewende-Index
Der Energiewende-Index misst seit 2014 jährlich den Stand der Energiewende auf der Basis öffentlich verfügbarer Daten. Diese Daten werden vom Beratungsunternehmen EBP im Auftrag von Pro Natura, Greenpeace, Schweizerischer Energie-Stiftung, Verkehrs-Club der Schweiz sowie dem WWF gesammelt und aggregiert. Die Daten werden jeweils mit einem Zielpfad verglichen, z.B. für die CO2-Emissionen der Energieerzeugung. Das bedeutet: Bleiben die Emissionen stabil, so sinkt der Wert der Zielerreichung im Index, weil die Emissionen gemäss Zielpfad von Jahr zu Jahr sinken müssten. Der EWX misst Daten in den Hauptkategorien Klimaschutz, Atomausstieg, Biodiversität, Energieeffizienz, Erneuerbare Energien, Wirtschaft und Soziales sowie Versorgungssicherheit.
Kontakt
Elmar Grosse Ruse, Projektleiter Energiewende-Index, WWF Schweiz, elmar.grosseruse@wwf.ch, Tel. 44 297 23 57
Michael Casanova, Pro Natura Projektleiter Gewässerschutz- und Energiepolitik, michael.casanova@pronatura.ch, Tel. 061 317 92 29
Georg Klingler, Energie-Experte Greenpeace Schweiz, georg.klingler@greenpeace.org, Tel. 079 785 07 38