Fatale Folgen: Wie unser Appetit auf gezüchtete Raubfische zur Plünderung der Meere führt
Unser Appetit für Raubfische wie Lachs, Forelle und Dorade hat einen Preis. Wir plündern die Meere, um Futter für die Fischfarmen auf der ganzen Welt zu produzieren. Doch es gibt Lösungen, wie jede:r von uns mehr für unsere Ozeane tun kann.
- Fast zwei Drittel der in der Schweiz konsumierten Fische sind Raubfische – Arten, die sich an der Spitze der Nahrungskette von anderen Fischen ernähren.
- Von den 33.831 Tonnen Fisch und Meeresfrüchten, die 2023 im Schweizer Detailhandel verkauft wurden, waren 57 Prozent Raubfische, darunter Lachs (22 %) und Thunfisch (21 %).
- Die Hälfte der importierten Raubfische stammt aus Zuchtfarmen, die grosse Mengen wildgefangener Fische als Futtermittel benötigen. Insgesamt werden jährlich bis zu 96.000 Tonnen Wildfische gefangen, um allein den Bedarf für die in der Schweiz konsumierten Zuchtfische zu decken.
- Lokal produziert die Schweiz fast ausschliesslich Raubfische. Das belastet auch die Weltmeere. Denn geschätzt werden drei Kilogramm Wildfisch verfüttert, um ein Kilogramm Schweizer Zuchtfisch zu produzieren.
Zum Jahreswechsel gehören Lachs, Sushi und andere Fischspezialitäten für viele Schweizer Haushalte zum Festessen. Doch was wie ein Genussmoment erscheint, hat eine Schattenseite: Der WWF Schweiz zeigt in einem neuen Bericht, dass unsere Vorliebe für Raubfische wie Lachs und Forelle die Ozeane an ihre Belastungsgrenze bringt. Um die Bedürfnisse von Raubfischen aus Zucht zu decken, werden jedes Jahr Millionen Tonnen Wildfische aus den Meeren entnommen und zu Fischmehl und Fischöl verarbeitet. Die Fischzucht – lange Zeit als Lösung für Überfischung gepriesen – stellt daher selbst eine massive Belastung für die Ozeane dar.
In der Schweiz, wo 97 Prozent der konsumierten Fische importiert werden, entfallen zwei Drittel dieser Importe auf Raubfische. Die Hälfte davon stammt aus Aquakulturen. Für die Zucht der 30.000 Tonnen Fisch, die hier jährlich konsumiert werden, braucht es bis zu 96.000 Tonnen Wildfisch. Weltweit wird ein Fünftel (22 Prozent) des gesamten maritimen Fischfangs zu Fischmehl und Fischöl verarbeitet, Grossteils für Fischfutter. Viele dieser gefangenen Fische sind hochwertig und könnten direkt von Menschen konsumiert werden, anstatt als Futtermittel zu dienen.
Hauptprobleme durch Aquakultur und Überfischung
Weil der Bedarf an Fischmehl und Fischöl für die Zucht von Raubfischen so gross ist, geraten die Bestände von kleinen und nähstoffreichen Wildfischen wie Sardinen und Sardellen unter Druck. Diese Fische sind nicht nur essenziell für die marine Artenvielfalt, sondern auch eine wichtige Nahrungsquelle für viele Menschen im globalen Süden.
Zitat von Isabel Jimenez, Senior Managerin für Seafood-Märkte bei WWF Schweiz
»Unser derzeitiger Konsum ist nicht nachhaltig. Wenn wir weiterhin auf Lachs und andere Raubfische setzen, tragen wir nicht nur zur Überfischung bei, sondern gefährden auch die Ernährungssicherheit in ärmeren Regionen der Welt».
Bewusster geniessen und Alternativen ausprobieren
Der WWF Schweiz empfiehlt, den Konsum von Fisch und Meeresfrüchten zu reduzieren und auf nachhaltigere Alternativen umzusteigen. Diese umfassen:
- Algen und andere Meerespflanzen: diese sind nicht nur schmackhaft, sondern bringen auch ökologische Vorteile.
- Muscheln, wie Miesmuscheln und Austern: die Zucht dieser Filtrierer hat nur minimale Auswirkungen auf marine Ökosysteme.
- Friedfische und Fische, die wenig Fisch im Futter brauchen: Arten wie Karpfen, Wels oder Tilapia benötigen wenig bis gar kein Fischmehl oder -öl und sind daher ressourcenschonender – vor allem, wenn sie aus Bio-Zucht oder geschlossenen Kreislaufanlagen stammen.
- Direkter Verzehr von kleinen Meeresfischen aus gesunden Beständen: Sardinen, Heringe und Sardellen sollten direkt gegessen und nicht als Futtermittel für Aquakultur verwendet werden. Weil sie nähstoffreicher als Lachs und Thunfisch sind, reichen davon auch kleinere Portionen für eine ausgewogene Ernährung aus.
Handlungsbedarf auf allen Ebenen
Es gibt viele nahrhafte und meeresfreundliche Alternativen, die jedoch im Vergleich zu den stark beworbenen Lachs- und Thunfischprodukten weniger bekannt und verfügbar sind. Für eine nachhaltige Zukunft ist es nötig, dass alle Beteiligten den Wandel mitgestalten:
- Politik: Einführung strengerer Richtlinien für importierten Fisch und Meeresfrüchte, insbesondere auch aus der Aquakultur.
- Industrie und Handel: Entwicklung von attraktiven Produkten aus den weniger bekannten Arten und aktivere Bewerbung dieser Alternativen.
- Konsument:innen: Fisch und Meeresfrüchte als gelegentliche Delikatesse geniessen und sich auch auf nachhaltige Alternativen einlassen. Wie wäre es nächstes Mal statt Lachs-Sushi mit einem Muschel-Burger, Algen-Kaviar, Sardinen-Pasta oder Wels-Knusperli?
Hier geht es zum Bericht (inklusive Quick-Guide für eine bessere Wahl von Fisch und Meeresfrüchten). Und generell gilt: Wählen Sie bei Fisch und Meeresfrüchten nur Produkte, die im WWF-Ratgeber als grün eingestuft sind.
Kontakt:
Lydia Ebersbach, Mediensprecherin, WWF Schweiz, lydia.ebersbach@wwf.ch, +41 44 297 21 27 und Jonas Schmid, Mediensprecher, WWF Schweiz, +41 44 297 21 16