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aerial view of deforested rain forest Brazil

Noch immer finanzieren Schweizer Banken und Investoren umweltschädliche Aktivitäten wie die Abholzung des Regenwalds oder die Ölförderung. Damit befeuert der Finanzsektor die Klimakrise. Es ist höchste Zeit, das zu ändern. 

Dieser Text erschien in einer längeren Version im WWF-Magazin 1/2025

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Timo Landenberger Portrait 2024

Die Stahltürme ragen in den Himmel, an ihren Enden brennen Flammen. Dieses «Flaring» verbrennt überschüssiges Erdgas aus der Ölförderung. Ghawar in Saudi-Arabien ist das weltweit grösste Erdölfeld – mit seiner Entdeckung begann der Aufstieg des Wüstenstaats und der Erfolg von Saudi Aramco.

Saudi Aramco ist das grösste Öl- und Gasunternehmen weltweit und seit 1965 für 4–5 % der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Trotzdem will der Konzern weiterwachsen. Das Unternehmen hat 2019 und 2024 einen kleinen Teil seiner Aktien verkauft und insgesamt rund 40 Milliarden US-Dollar aufgenommen. Unter den beteiligten Finanzakteuren: die frühere Credit Suisse und die UBS.

Auch der Schweizer Finanzsektor investiert massiv in fossile Energien. Eine WWF-Analyse, basierend auf Daten von Profundo und Urgewald, zeigt, dass Schweizer Banken für ihre Kund:innen bis April 2024 knapp 40 Milliarden US-Dollar in solche Unternehmen steckten So fliessen jedes Jahr mehrere Dutzend Milliarden von Schweizer Banken, Versicherungen, Vermögensverwaltern und Pensionskassen in umweltschädliche Aktivitäten. Mit ihrem international bedeutenden Finanzplatz hat die Schweiz also einen sehr viel stärkeren Einfluss auf Klima und Umwelt, als es die Grösse des Landes vermuten lässt.

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Paradeplatz Banken in Zürich

Das Zentrum des Schweizer Finanzmarktes: Zürcher Paradeplatz.

Banken für Klima- und Naturschutz entscheidend

«Finanzströme bestimmen langfristig die Resultate in der Wirtschaft.»

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Portrait Amandine Favier

«Finanzströme bestimmen langfristig die Resultate in der Wirtschaft. Der dringend notwendige Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit kann folglich nur gelingen, wenn sich auch die Finanzbranche bewegt», sagt Amandine Favier. Investitionen sollten demnach nachhaltige Geschäftsmodelle fördern. Doch weltweit fehlen jedes Jahr tausende Milliarden, um Umwelt- und Klimaziele zu erreichen. Gleichzeitig steigen die Kosten durch die Klimakrise: In den letzten 20 Jahren verursachten wetterbedingte Schäden fast 3000 Milliarden US-Dollar.

Keine Bank auf Umweltkurs

Der WWF hat die auf ihren Klima- und Der WWF analysierte 15 grössten Retailbanken – keine ist auf dem 1,5-Grad-Pfad. Biodiversität spielt kaum eine Rolle. Einige Banken bieten nachhaltige Finanzprodukte an, doch die Kund:innen müssen gezielt danach fragen. Neben Retailbanken sind auch internationale Finanzströme problematisch. Schweizer Finanzinstitute verwalten über 8000 Milliarden Franken und finanzieren damit Milliardenbeträge für umweltschädliche Projekte weltweit, etwa Regenwaldabholzung und Kohleabbau. «Der Finanzplatz verantwortet ein Vielfaches der gesamten inländischen Emissionen der Schweiz», kritisiert Stephan Kellenberger vom WWF.

Kein Geld für  Zerstörung

Eine Allianz aus WWF, Politik und Wirtschaft will den Finanzplatz reformieren. Im November 2024 wurde die Finanzplatz-Initiative lanciert, um Milliarden umzulenken. «Die Selbstregulierungen der Branche und die bisherigen Massnahmen des Bundes reichen nicht, um den Klima- und Biodiversitätszielen gerecht zu werden», so Kellenberger. «Mit der Initiative wollen wir erreichen, dass die Milliarden nicht mehr in Klimaerhitzung und Umweltzerstörung fliessen und der Finanzsektor seine grosse Verantwortung wahrnimmt.» Mit der Finanzplatz-Initiative werde das Geld frei für den Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft, die unsere Zukunft sichert und die Innovationskraft der Unternehmen stärkt, statt sie zu gefährden.

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Blick auf den Windpark Gries beim Nufenenpass in Overgoms, VS

Grüne Energie: Der Windpark Gries im Kanton Wallis ist der höchstgelegene Windpark Europas.

Wie der Wandel gelingt

Das zeigt ein Beispiel aus Frauenfeld TG: Hier nutzt ein Holzheizkraftwerk Abfälle zur Energiegewinnung für 8000 Haushalte. Eine Solaranlage liefert Strom, CO2 wird in Pflanzenkohle gebunden. Das Projekt ist klimapositiv – finanziert von Schweizer Kantonalbanken. Nachhaltiger Wandel ist möglich. Noch sind es kleine Schritte – mit den richtigen Rahmenbedingungen können es große Sprünge werden.

Für einen Finanzplatz mit Zukunft

Hinter der Finanzplatzinitiative steht ein breites Initiativkomitee, in dem Politiker:innen aller Parteien ausser der SVP und wichtige Akteure aus der Finanzbranche vertreten sind. Viele Menschen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft unterstützen die Initiative. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Vorlage.

Warum braucht es die Finanzplatzinitiative?

Der Schweizer Finanzplatz ist ein globales Schwergewicht. Die Milliarden, die hier verwaltet oder als Kredite vergeben werden, schaden der Umwelt im Ausland massiv: Denn mit diesem Geld werden zum Beispiel Regenwälder abgeholzt oder Kohle 
abgebaut, was die Klimakrise anheizt. Unser Finanzplatz verantwortet global mindestens das 18-Fache der Treibhausgasemissionen, die wir im Inland verursachen. Heute ist klar ersichtlich, dass die Klimagesetze, die Massnahmen des Bundes und die Selbstregulierungen der Branche nicht ausreichen, um die Klimakrise zu bewältigen oder die Naturvielfalt zu erhalten. 

Ist denn die Finanzbranche derart wichtig für den Klima- und Umweltschutz?

Damit die Wirtschaft gut funktioniert, benötigt sie Geld. Dieses stammt von der Finanzbranche, die damit direkt beeinflussen kann, in welche Richtung sich die Wirtschaft bewegt. Finanzinstitute könnten die Klima- und Biodiversitätskrise entschärfen, doch in der Praxis machen sie genau das Gegenteil: Weltweit fliessen jährlich 5000 Milliarden US-Dollar an privaten Geldern in umweltschädliche Aktivitäten. Darunter in die Abholzung von Regenwäldern und den Abbau von Kohle. Nur gerade ein Prozent dieser unvorstellbaren Summe dagegen kommt der Natur zugute. So fehlen Jahr für Jahr mehrere 1000 Milliarden, um die internationalen Klima- und Biodiversitätsziele zu erreichen.

Was ändert sich mit der neuen Initiative?

Bei einer Annahme müsste der Bund für eine ökologische Ausrichtung des Schweizer Finanzplatzes sorgen: Die Initiative will nämlich, dass Finanzinstitute in der Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen dafür sorgen, dass diese ihre Umweltauswirkungen reduzieren. Schweizer Banken und Versicherungen müssten sich also Schritt für Schritt dem vorgegebenen 
Ziel anpassen. Nur so lassen sich internationale Abkommen (vor allem das Pariser Abkommen zum Klimaschutz und die globale Vereinbarung von Montreal zum Schutz der Natur) einhalten.
Zusätzlich verlangt die Initiative, dass keine Schweizer Gelder mehr für die Erschliessung und Förderung neuer fossiler Vorkommen, insbesondere Kohle und Öl, genutzt werden. Die Einhaltung der Regeln kontrolliert eine Aufsichtsinstanz.

Kurz zusammengefasst: Was spricht für diese Initiative?

Globale Verantwortung für Klima und Natur übernehmen: Schweizer Grossbanken und Versicherungen richten mit ihren internationalen Geschäftsbeziehungen grossen Schaden an. Der Finanzplatz steuert globale Investitionen und sollte dabei mehr Verantwortung für Klima und Natur übernehmen.

Verursacher von Emissionen in die Pflicht nehmen: Während die heimische Wirtschaft und auch Private immer grössere Anstrengungen unternehmen, verantwortet der Finanzplatz weiterhin das mindestens 18-Fache der gesamten inländischen CO2-Emissionen der Schweiz. Deshalb muss er stärker in die Pflicht genommen werden.

Klimaschädliche Geschäfte beenden: Der Schweizer Finanzplatz sollte keine klimaschädlichen Geschäfte mehr finanzieren oder versichern, für welche die Umwelt undZkommende Generationen den Preis bezahlen. Je später wir handeln, 
desto teurer wird es.

Weg frei machen für mehr ökologische Nachhaltigkeit: Wenn Geld aus umweltschädlichen Geschäften abgezogen wird, steht es für Investitionen in ökologisch nachhaltige Projekte zur Verfügung. Damit beschleunigen wir den Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft.

Warum beschränkt sich die Initiative auf Geschäfte mit Unternehmen im Ausland?

Im Inland gelten bereits viele umwelt- und klimarechtliche Vorgaben, zum Beispiel Energievorschriften beim Hausbau. Schweizer Unternehmen können direkt über die schweizerische Gesetzgebung in die Pflicht genommen werden. Das ist zweckmässiger und effizienter als eine indirekte Regulierung über den Finanzplatz. So ist das inländische Hypothekargeschäft oder die Kreditvergabe an Schweizer KMUs von der Initiative ausgenommen. 

Gibt es Ausnahmen für kleine Finanzunternehmen?

Die Initiative sieht Ausnahmen für Finanzmarktteilnehmende vor, deren Tätigkeiten mit geringen Umweltauswirkungen verbunden sind. Damit wird sichergestellt, dass der Gesetzgeber beispielsweise kleine Kantonalbanken und Pensionskassen vom Geltungsbereich der Initiative ausnimmt.
 

Ein Artikel aus dem WWF-Magazin

Dieser Artikel erschien im WWF-Magazin 1/2025. Ein exklusives Angebot für WWF-Mitglieder: Hier finden Sie Reportagen über die WWF-Projektarbeit vor Ort, Interviews mit Experten, Tipps für ein umweltbewusstes Verhalten im Alltag und Hintergrundwissen aus der Tier- und Pflanzenwelt.

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