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Palmölanbau und Entwaldung im ecuadorianischen Choco Esmeraldas

Warum ein schonender Umgang mit Ressourcen in jede Unternehmensstrategie gehört

Die Entwicklung und Umsetzung einer glaubwürdigen und wirksamen Strategie für den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen ist eine grosse Herausforderungen. Mit jahrelanger Erfahrung, einem weltweiten Netzwerk an Expert:innen und einer Vielzahl von Hilfsmitteln unterstützt der WWF Unternehmen dabei, diese Aufgaben anzugehen.

Alles, was wir nutzen – sei es Nahrung, Kleidung, Fahrzeuge oder Elektronik – hat seinen Ursprung in der Natur. Viele Rohstoffe wie Erdöl, Gestein, Baumwolle, Kakao, Holz und Metalle bilden die Grundlage unserer Wirtschaft. Doch der Abbau und die Nutzung dieser Ressourcen erfolgen oft ohne Rücksicht auf die Natur. So trägt beispielsweise die Textilproduktion mit ihren Färbe- und Veredelungsprozessen etwa 20 Prozent zur weltweiten Wasserverschmutzung bei. Die planetaren Grenzen werden zunehmend überschritten und die Natur übermässig belastet. Das Paradoxe daran: Die Geschäftsmodelle vieler Unternehmen sind auf intakte Ökosysteme angewiesen. 

Mehr als 50 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung (BIP) ist von der Natur und ihren Leistungen abhängig (Quelle: WEF).

Das globale Wirtschaftssystem ist von der Natur abhängig. Unternehmen sollten den Schutz der Umwelt daher nicht als wohltätiges Engagement verstehen, sondern als eine wesentliche Massnahme zur langfristigen Sicherung ihrer eigenen Geschäftstätigkeit. Doch nicht nur ihren eigenen Einfluss auf die Natur, sondern auch ihre eigenen Abhängigkeiten von der Natur sollten Unternehmen kennen. Die Bestäubung von Nutzpflanzen durch Insekten, die Verbesserung der Luftqualität durch Wälder, Bereitstellung von sauberem Trinkwasser sowie die Versorgung mit Lebensmitteln sind Voraussetzung für eine funktionierende Wirtschaft. Die Weltbank schätzt, dass ein Zusammenbruch dieser Leistungen, welche die Natur bis jetzt kostenlos zur Verfügung stellt, jährlich 2,7 Billionen US-Dollar an Mehrkosten verursachen würde.

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Honigbienen aus einem der Bienenstöcke auf dem Grundstück von Spin und Mindy Williams in Iowa, Vereinigte Staaten.

Unternehmen sind für ihre eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten verantwortlich. Sie spielen eine zentrale Rolle, wenn es um den verantwortungsvollen Umgang und den Schutz natürlicher Ressourcen geht.  

Hier sind die vier zentralen Bausteine, die Unternehmen bei der Erarbeitung einer naturfreundlichen Unternehmensstrategie helfen können:  

1. Wie anfangen? – Die Wesentlichkeitsanalyse

Unternehmen müssen zunächst ihre Geschäftstätigkeiten sorgfältig analysieren. Zum einen sollten sie verstehen, wie ihre Aktivitäten – etwa den Abbau und die Nutzung von Rohstoffen – die Umwelt beeinflussen. Zum anderen ist es wichtig zu wissen, in welchem Ausmass sie selbst von Ressourcen oder Ökosystemen, in denen diese Ressourcen vorkommen, abhängig sind.  

Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette ist entscheidend, um die Herkunft der Rohstoffe und die Auswirkungen ihres Abbaus und ihrer Verarbeitung auf die Umwelt zu verstehen. Nur wenn Unternehmen ein klares Bild über diese Prozesse haben, können Risiken erkannt und gezielt angegangen werden. Auf dieser Basis lässt sich dann eine glaubwürdige und effektive Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, die negative Folgen durch wissenschaftlich fundierte Massnahmen minimiert.  

Rahmenwerke wie SBTN und praktische Tools wie die «WWF Risk Filter Suite» können helfen, prioritäre Handlungsfelder zu identifizieren und letztlich unternehmerische Zielsetzungen stärker an planetaren Belastbarkeitsgrenzen zu orientieren.  

Fazit: Transparenz entlang der Lieferketten ist entscheidend, um die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Natur zu verstehen und Wertschöpfungsketten nachhaltiger gestalten zu können. Deshalb ist es wichtig, dass Unternehmen die Quellen der verwendeten Rohstoffe sowie die Abbau- und Herstellungsbedingungen genau kennen.
 

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Reisstängel in der Hand von Chameli Kumal, die in einem Reisfeld entlang des Flusses zwischen Bandipur und Simjung in Nepal arbeitet.
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Luftaufnahme eines abgeernteten Maisfeldes und eines Waldes in Brasilien

2. Ambitionierte Ziele und kontinuierliche Verbesserung

 Basierend auf einer umfassenden Analyse der Geschäftstätigkeiten können sich Unternehmen wirkungsvolle Ziele setzen und Massnahmen ergreifen. Damit minimieren und vermeiden sie die erkannten Risiken entlang der Wertschöpfungsketten. Unternehmen sollten sich beispielsweise verpflichten, ihre Lieferketten entwaldungs- und umwandlungsfrei (Deforestation and Conversion-Free, DCF) zu gestalten.  

Ergänzend sollten gezielte Massnahmen zum Schutz und zur Förderung der Natur Teil der Zielsetzung sein. Ambitionierte und messbare Unternehmensziele sind wichtig – entscheidend ist jedoch, dass sie auch konsequent umgesetzt werden und einen echten ökologischen Beitrag leisten. Dabei sollte sich der Anspruch an dem orientieren, was ökologisch notwendig ist – nicht nur an dem, was unternehmerisch machbar erscheint.  

Fazit: Unternehmen sollten sich wissenschaftsbasierte und ambitionierte Ziele setzten, um ihren eigenen Einfluss auf die Natur zu minimieren und zusätzlich den Schutz gefährdeter und die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme voranzutreiben.  

Das Konzept der planetaren Grenzen (engl. planetary boundaries) definiert die Belastungsgrenzen für neun essenzielle Umweltgüter, die für das Leben auf der Erde unerlässlich sind. Werden diese Grenzen langfristig überschritten, ist ein sicheres Leben auf unserem Planeten nicht mehr gewährleistet. Dieses vergleichsweise junge Konzept hat sich inzwischen als wissenschaftlich fundierter Ansatz etabliert. Die Umsetzung dieses Wissens in konkrete Schutzziele für Ökosysteme sowie die Entwicklung wissensbasierter Ziele für Unternehmen stellen eine Pionierarbeit dar. Deshalb vereinbart der WWF in ambitionierten Partnerschaften auch Prozessziele, um neue Methoden und Kooperationsformen zwischen verschiedenen Stakeholdern zu erproben. Hier mehr dazu.

3. Transparenz und Offenlegung

Für viele Unternehmen ist es aufwendig, den Ist-Zustand zu erfassen und Transparenz in den Lieferketten zu schaffen. Deshalb ist es zentral, dass Unternehmen regelmässig über den Stand ihrer Zielerreichung berichten. So können Lücken und Kursabweichungen erkannt und korrigiert werden. Diese können die Anforderungen an und die Zusammenarbeit mit Lieferanten betreffen.  

Viele Unternehmen stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen sowie die Erarbeitung von branchenweiten Lösungen können zur effizienten Erarbeitung von Schutzmassnahmen und zu nachhaltigeren Geschäftsmodellen führen.  

Zusätzlich zwingen neue Gesetze und Regulierungen sowie steigender Druck von der Öffentlichkeit, von Mitarbeitenden, Kundschaft und Investor:innen Unternehmen zu immer mehr Transparenz und drängen Unternehmen, sich glaubwürdige Ziele zu setzen und Massnahmen zu ergreifen.  

Fazit: Unternehmen sollten transparent über ihre Fortschritte berichten, Herausforderungen benennen und Lösungen aufzeigen. Ausserdem werden sie ermutigt, diese Erkenntnisse zu teilen und offenzulegen.   

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Prachtfregattvögel, die versuchen, Fisch von Fischern zu stehlen, die mit einem frischen Fang an Land kommen, Puerto Lopez
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Zwei Sulawesi-Schwarzmakaken sitzen am Strand und trinken aus Plastikflaschen, Tangkoko-Nationalpark, Nordsulawesi, Indonesien.

4. Öffentliche Fürsprache für eine Wirtschaft mit der Natur statt gegen die Natur

Die Stimme der Wirtschaft ist enorm wichtig, um gesellschaftliche und politische Transformationen zu erreichen. Darum fordert der WWF, dass Unternehmen auch über ihre eigenen Lieferketten hinaus Verantwortung übernehmen und sich öffentlich für systemische Veränderungen engagieren.  

Unternehmen können über ihre eigenen Aktivitäten hinaus eine transformative Rolle spielen und sich für Wandel starkmachen. Innerhalb ihrer Branche können sie branchenweite Lösungen ermöglichen: durch Runde Tische zum Beispiel, welche die Weiterentwicklung von Branchen- oder Unternehmensstandards voranbringen. Auch können Unternehmen durch gezieltes politisches Engagement positive Veränderungen vorantreiben, zum Beispiel, indem sie für strengere Umweltgesetze und höhere Standards eintreten.  

Nicht zuletzt können sich Unternehmen auch in strategisch wichtigen Landschaften engagieren – beispielsweise auf regionaler Ebene in den Anbaugebieten kritischer Rohstoffe. Unternehmen können im Zusammenschluss mit anderen Akteuren wie NGOs und Regierungen gemeinsame Strategien für den Schutz von Ökosystemen entwickeln und umsetzen. Zusätzlich ist es wichtig, Mitarbeitende, Zuliefernde, Partner:innen und Kund:innen für den Naturschutz zu mobilisieren.    

Fazit: Unternehmen, die es mit dem Engagement für die Natur ernst meinen, setzen sich auch öffentlich und politisch ein.