Autoverkehr und Elektromobilität
Ob Pendeln zur Arbeit oder Ausflug in die Berge am Wochenende – unser Mobilitätsverhalten hat grossen Einfluss auf die Umwelt. Die daraus entstehenden Auswirkungen auf Klima, Gesellschaft und nachfolgende Generationen sind enorm. Das Problem: Mobilität ist heute viel zu günstig und wird zu leichtfertig genutzt.
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Coronavirus, Flugverkehr, Heizen, Klima & Energie, Politik, Schweiz, Solarenergie, Suffizienz, Treibhauseffekt, Windkraft, Wirtschaft & Märkte, ÖkostromIn der Schweiz sind die Menschen sehr mobil – täglich legen wir durchschnittlich 36,8 Kilometer zurück, davon zwei Drittel im Auto. Hierzulande besitzen denn auch fast 80 Prozent der Haushalte einen Personenwagen. Die Mobilität hat aber eine Kehrseite: Der Verkehr (ohne internationalen Flugverkehr) ist einer der grösste Treibhausgasverursacher der Schweiz. Er verursacht knapp einen Viertel der Emissionen auf Schweizer Territorium. Davon gehen über zwei Drittel auf das Konto von Personenwagen.
Grafik: Treibhausgas-Emissionen in Millionen Tonnen CO2-Äquivalente nach Sektoren. Die CO2-Emissionen des Flugverkehrs werden mit dem so genannten Radiative Forcing Index (RFI-Faktor) von 3 multipliziert, um die Nicht-CO2-Effekte wie Wasserdampf oder Stickoxide zu berücksichtigen. Der Verkehrssektor (dunkelblau) hat neben dem Flugsektor die stärkste Klimawirkung.
Detaillierte Informationen über die Umweltauswirkungen von Personenwagen finden Sie im Faktenblatt von EnergieSchweiz.
Mobilität ist zu günstig
Der Ausstoss von Treibhausgasen des Verkehrssektors ist zwischen 1990 und 2021 gewachsen – statt zu sinken. Und die Emissionen sinken bis heute weiterhin kaum, obwohl dank des technischen Fortschritts die Motoren effizienter geworden sind. Denn sowohl die Anzahl Fahrzeuge in der Schweiz als auch deren Gewicht und die durchschnittlich mit dem Auto gefahrenen Kilometer pro Person nehmen jährlich zu. Dieser Trend ist für unsere Lebensgrundlagen katastrophal.
Autofahren ist in der Schweiz viel zu günstig. Denn die negativen Auswirkungen des Individualverkehrs wie Luftverschmutzung, Klimaschädigung und Lärm haben hohe Kosten zur Folge. Laut dem Bundesamt für Raumentwicklung hat unser Mobilitätsverhalten 2018 (ohne Luftfahrt) rund 12,2 Milliarden Franken an externen Kosten verursacht.
Diese enorme Summe wird jedoch nicht von den Verursachern getragen, sondern auf die Allgemeinheit abgewälzt – die entstehenden Folgeschäden müssen nicht von den Autofahrer:innen berappt werden. Weil die Autofahrer:innen nicht die vollen Kosten der Mobilität zahlen müssen, haben sie auch wenig Anreiz, effizientere Autos zu kaufen, Fahrten zu reduzieren oder die Auslastung der Fahrzeuge zu erhöhen. Die Schweizerinnen und Schweizer benutzen ihr Auto also mehr, weil die Allgemeinheit einen Teil der Kosten bezahlt.
Wenn wir immer mehr unterwegs sind, leidet nicht nur die Umwelt, sondern auch unsere Lebensqualität. Kurze Wege, emissionsfreie Antriebe und Vorfahrt für Fussgänger, Velofahrerinnen und öffentlichen Verkehr – das macht die Mobilität der Zukunft aus.
Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus?
Damit die Schweiz ihre Klimaziele erreichen und ihre Treibhausgasemissionen reduzieren kann, muss sich noch einiges ändern – insbesondere im Verkehrssektor. Aus Sicht des WWF basiert eine zukunftsfähige Mobilität auf den folgenden vier Grundsätzen: weniger Verkehr, andere Verkehrsmittel, intelligente Mobilitätsdienstleistungen und elektrische Antriebe.
1. Weniger Verkehr
Eine zukunftsfähige Mobilität ist für den WWF eine Mobilität der kurzen Wege, das heisst mit einem deutlich geringeren Verkehrsaufwand als heute. Dabei steht nicht nur das Individuum in der Verantwortung. Auf politischer Ebene müssen entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden. Dazu gehören Preise, die den tatsächlichen Kosten entsprechen, eine Orts- und Regionalplanung, die ein attraktives Umfeld der kurzen Wege schafft und die effiziente Förderung neuer Technologien und intelligenter Verkehrskonzepte.
Insbesondere Kostenwahrheit ist zentral, um eine nachhaltige Verhaltensänderung herbeizuführen. Nur wenn die Verbraucher:innen die tatsächlichen Kosten ihres Mobilitätsverhaltens bezahlen müssen, haben sie einen Anreiz, auf unnötige Fahrten zu verzichten. Zugleich denken Unternehmen um und setzten vermehrt auf wohnortnahe Standorte für Einkaufsläden und Freizeiteinrichtungen.
Allfällige soziale Auswirkungen müssen dabei über flankierende Massnahmen abgefangen werden. Zum Beispiel wäre Zuschüsse für Menschen in peripheren Regionen mit schlechter Anbindung an den öffentlichen Verkehr oder für Menschen mit geringerem Einkommen denkbar.
2. Andere Verkehrsmittel
Für den Fall, dass sich eine Reise nicht vermeiden lässt, ist es zentral, dass auf klimafreundliche Verkehrsmittel gesetzt wird. Falls es die Distanz zulässt, ist ein Fussmarsch oder eine Velofahrt fürs Klima die beste Wahl. Diese Art der Fortbewegung in den Alltag zu integrieren, hilft nicht nur dem Klima, sondern auch der Gesundheit.
Für mittlere Distanzen steht das E-Bike ganz oben auf der Rangliste der klimafreundlichen Verkehrsmittel. Mit gerade mal 5,4 Gramm CO2 pro Kilometer (Herstellung und Ladung der Akkus eingerechnet) sind E-Bikes unter allen motorisierten Verkehrsmitteln mit Abstand am klimafreundlichsten.
Auch der öffentliche Verkehr schneidet in puncto CO2-Ausstoss vergleichsweise gut ab (siehe Grafik unten). Deshalb ist für grosse Distanzen die Benützung von Zug und Bus sinnvoll.
3. Intelligente Mobilitätsdienstleistungen
Um den Verkehrssektor nachhaltig zu gestalten, müssen alle Verkehrsmittel so eingesetzt werden, dass sie den meisten Nutzen stiften und am wenigsten Schaden verursachen. Um die Nutzer:innen bei der täglichen Verkehrsmittelwahl anhand dieser Kriterien so weit wie möglich zu unterstützen, braucht es die sogenannten intelligenten Mobilitätsdienstleistungen.
Ein Beispiel dafür sind Carsharing-Angebote. Dass heute fast 80 Prozent der Schweizer Haushalte ein Auto besitzen, ist nicht nur teuer und umweltschädlich, sondern auch sehr ineffizient. Carsharing ersetzt den Autobesitz. So können Kosten geteilt werden, und der Platzbedarf für Parkplätze sinkt.
Ausserdem wird weniger Treibstoff verbraucht und weniger CO2 ausgestossen. Denn die entscheidende Wirkung von Carsharing besteht darin, dass man sich vor jeder Fahrt bewusst für das Auto entscheidet – und die Fahrt direkt und bewusst bezahlt. Damit gleichen sich die Rahmenbedingungen des Autofahrens denen des öffentlichen Verkehrs an. Statt gedankenlos ins Auto zu steigen, «weil es ja dasteht», überlegen wir – und fahren weniger Auto, was wiederum der Umwelt zugutekommt.
Auch Kombinationen von Abonnements können dazu beitragen, dass die Distanzen, die mit klimaschädlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden, möglichst kurzgehalten werden. So gibt es kombinierte Abo-Angebote für öffentlichen Verkehr, Carsharing und E-Bike oder Elektroscooter. So kann abhängig von Distanz, Uhrzeit und Reisezweck jeweils das klimafreundlichste Verkehrsmittel ausgewählt werden.
4. Elektrische Antriebe
Da das Auto auch in Zukunft nicht von den Schweizer Strassen verschwinden wird, sind innovative Technologien gefragt. Elektrische Antriebe sind in diesem Zusammenhang besonders interessant, denn der Energieträger Strom ist deutlich grüner als die Energieträger Benzin oder Diesel. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich beim Strom um Ökostrom, also Elektrizität aus naturverträglichen erneuerbaren Energien handelt. Aber auch der durchschnittliche Strommix in der Schweiz und Europa wird jedes Jahr sauberer, während Benzin und Diesel fossile Treibstoffe bleiben, die mit immer grösserem Aufwand aus der Erde gefördert werden.
Dazu kommt, dass ein Elektromotor die eingesetzte Energie viel effizienter in Antriebsenergie umwandelt als ein Verbrennungsmotor. Konkret heisst das, dass ein Elektroauto mit einer Kilowattstunde investierte Energie weiter fahren kann als ein vergleichbar dimensionierter Verbrenner. Somit tragen Elektromotoren zu einer Effizienzsteigerung im Verkehr bei.
Obwohl Elektroautos (bei vergleichbaren Dimensionen) grundsätzlich umweltverträglicher sind als Verbrenner, gibt es folgende Punkte zu beachten. Je leichter und aerodynamischer ein Elektroauto ist und je ökologischer der für den Antrieb genutzte Strom, desto grösser ist der Vorteil gegenüber dem Verbrenner-Auto. Dennoch sind Elektroautos nie so umweltverträglich wie Velos, E-Bikes oder öffentliche Verkehrsmittel.
Damit Elektroautos Teil der Lösung sein können, ist es entscheidend, dass wir die erneuerbare Stromproduktion stärker ausbauen. Besitzer von Elektrofahrzeugen können dies unterstützen, indem sie eine Solaranlage bauen oder mitfinanzieren oder ausschliesslich zertifizierten Ökostrom tanken, zum Beispiel mit dem Label «naturemade star». Dies kann man mit dem Kauf der Ökostrom-Vignette gewährleisten.
Was Sie über Elektroautos wissen müssen
Welche Arten elektrischer Antriebe sind derzeit erhältlich?
Nicht alles, was als Elektroauto angepriesen wird, ist aus Sicht der Umwelt gleichermassen sinnvoll. Auf dem Markt (Stand Dezember 2021) werden derzeit verschiedene Typen angeboten:
- Reine batterieelektrische Fahrzeuge: Punkto CO2 pro Kilometer schneiden batteriebetriebene Autos am besten ab. Der Umstieg auf einen vollelektrischen Kleinwagen lohnt sich nicht nur für die Umwelt, sondern auch aus finanzieller Sicht. So kommt der TCS zum Schluss, dass elektrische Kleinwagen schon heute mit 50 Rappen pro Kilometer auf 10 Jahre Lebensdauer deutlich günstiger sind als herkömmliche Verbrenner (59 Rappen pro Kilometer).
- Hybrid-Fahrzeuge: Der Grundgedanke des Hybridantriebs ist die Kombination von Verbrennungsmotor und Elektroantrieb. Bei konventionellen Hybrid-Fahrzeugen steigt so der Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors. Entsprechen liegt der Verbrauch an Benzin leicht tiefer als bei reinen Verbrennungsmotoren. Plug-In-Hybride werden an der Steckdose aufgeladen und mit dem Verbrennungsmotor soll die Reichweite der Batterie erweitert werden. In der Praxis werden die Batterien jedoch eher selten an der Steckdose aufgeladen. Angesichts der stark verbesserten Reichweite von Batterien und der kaum verbesserten Klimabilanz im realen Betrieb sind beide Hybridmodelle aber nicht (mehr) zu empfehlen.
Sind Elektroautos nur etwas für die Stadt, oder kann man damit auch in die Ferien fahren?
Bei rein batteriebetriebenen Elektroautos variiert die Reichweite zwischen 200 und 600 Kilometer. Wie weit Sie aber effektiv kommen, hängt nicht nur von der Batterie, sondern unter anderem vom Gesamtgewicht des Fahrzeuges (Fahrzeug plus Zuladung), dem Fahrstil und der Aussentemperatur ab. Angesichts der Tatsache, dass 98 Prozent der Pendler täglich nur gerade 30 bis 40 Kilometer zurücklegen, ist die Reichweite im alltäglichen Bedarf definitiv mehr als ausreichend.
Für weitere Strecken entscheidend ist nicht primär die Reichweite des Fahrzeuges, sondern das Netz an Ladestationen. Die Lade-Infrastruktur erlebt in der Schweiz derzeit einen regelrechten Boom: Mitte 2022 gab es bereits 8000 öffentliche Ladestationen.
Sind elektrische Fahrzeuge auch dann umweltfreundlicher, wenn man die Produktion mitberücksichtigt?
Elektrische Antriebe, insbesondere die Batterien, führen in der Herstellung zu einer höheren Umweltbelastung als die Herstellung von konventionell betriebenen Fahrzeugen. Dennoch sind sie über die gesamte Lebensdauer betrachtet (200'000 Kilometer) deutlich besser für die Umwelt. Rechnet man mit dem aktuellen Schweizer Strommix, dann sind über alles gerechnet die CO2-Emissionen eines vollelektrischen Fahrzeugs insgesamt etwa halb so gross wie die eines vergleichbaren benzinbetriebenen Verbrenners!
Batterie oder Wasserstoff – was ist besser?
Derzeit ist das Angebot an verfügbaren Wasserstoff-betriebenen Modellen auf dem Markt relativ klein. Dies hängt auch mit dem schlecht ausgebauten Tankstellennetz zusammen. Obwohl bei der Verbrennung von Wasserstoff kein CO2 emittiert wird, sind sich Experten uneinig, ob Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft infrage kommt. Das Hauptproblem ist derzeit die stromintensive Herstellung von Wasserstoff. Weil es deutlich effizienter ist, Autos direkt elektrisch zu betreiben, als den Strom für die Herstellung von Wasserstoff zu gebrauchen, haben Wasserstoff- betriebene Fahrzeuge einen deutlich schlechteren Wirkungsgrad als ihre batteriebetriebenen Konkurrenten. Weil Wasserstoff auf absehbare Zeit knapp und teuer sein wird, kommt er im Strassenverkehr – wenn überhaupt – nur für sehr grosse und schwere Fahrzeuge wie Lastwagen oder Busse infrage.
Verantwortungsbewusste Mobilität – so geht's
In unseren Tipps lesen Sie, wie Sie sich ökologisch fortbewegen können.
Was Sie sonst noch tun können
Die Mobilität hat einen beachtlichen Einfluss auf unseren ökologischen Fussabdruck. Finden Sie mit unserem Footprint-Rechner heraus, wie gross Ihr persönlicher Abdruck ist und wie Sie ihn reduzieren können. Weitere wirksame Massnahmen zum Klimaschutz finden Sie in unseren Klimatipps.