Solarenergie – Der Schlüssel zur erfolgreichen Energiewende
Die Sonnenenergie übertrifft den Energiebedarf der gesamten Menschheit um ein Mehrfaches, sie ist umweltfreundlich und unerschöpflich. Es lohnt sich, die Produktion von Solarstrom deutlich auszubauen. Der WWF setzt sich für bessere Rahmenbedingungen ein.
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Automobilverkehr, Coronavirus, Energieeffizienz, Flugverkehr, Heizen, Klima & Energie, Politik, Schweiz, Suffizienz, Treibhauseffekt, Windkraft, Wirtschaft & Märkte, ÖkostromErfolgsgeschichte Solarenergie: Weltweit und auch in der Schweiz erlebt die Stromproduktion auf den Dächern einen Boom. Dass sich dieser Zubau an Photovoltaik laufend beschleunigt, ist erfreulich. Nun gilt es, den Trend fortzusetzen.
Sonnenenergie ist nicht nur ertragreich, sie bietet weitere Vorteile. Wenn Anlagen auf bestehender Infrastruktur installiert werden, geschieht dies fast ohne Eingriff in die Natur. Weiter kann mit Solarzellen fast jede:r Hausbesitzer:in zum Energieerzeuger werden. Und nicht zuletzt entstehen beim Betrieb der Anlagen weder Luftschadstoffe noch Treibhausgas-Emissionen. Dadurch können die in der Produktion anfallenden Emissionen im Regelfall innert weniger Jahre überkompensiert werden.
Im Vergleich mit Deutschland und Italien wird in der Schweiz trotzdem noch recht wenig Strom aus Sonnenenergie gewonnen. Der Anteil der Solarenergie an der Gesamtproduktion Ende 2023 betrug in der Schweiz 7,3 Prozent, in Deutschland 12,5 und in Italien 8,8 Prozent. Gemäss verschiedenen Studien ist jedoch ein bedeutendes Ausbaupotenzial vorhanden: Bis ins Jahr 2035 ist eine Erhöhung der jährlichen Solarstromproduktion von aktuell 4,5 auf mindestens 30 Terawattstunden pro Jahr (TWh/a) realistisch – und auch notwendig. Diese Menge entspricht rund 40 Prozent des prognostizierten Stromverbrauchs im Jahr 2035.
Solarstrom erlebt auch auf Schweizer Dächern einen Boom. Diesen Trend wollen wir fortsetzen, denn das Potenzial ist noch enorm.
Vier Vorteile der Solarenergie:
1. Strom auch im Winter
Pro Quadratmeter können in der Schweiz jährlich etwa 200 Kilowattstunden (kWh) Sonnenstrom gewonnen werden. Damit liesse sich der Bedarf eines durchschnittlichen Zwei-Personen-Haushalts in einer Wohnung für circa vier Wochen decken. Damit liefert die durchschnittliche Sonneneinstrahlung in der Schweiz sogar bessere Bedingungen für die Photovoltaik als in Deutschland.
In den Alpen erreicht der mögliche Solarstromertrag bis zu 300 kWh/m2. Das entspricht ungefähr den durchschnittlichen Einstrahlungswerten in Spanien. Die Alpen punkten aber nicht nur mit sehr hohen Einstrahlungswerten, sondern auch mit hohen Erträgen im Winter: Während Photovoltaik-Anlagen im Mittelland im Winterhalbjahr maximal halb so viel Energie wie im Sommer liefern, produzieren vergleichbare Anlagen in den Bergen in beiden Jahreszeiten oft gleich viel – dank wenig Nebel und dem Schnee, der viel Licht auf die Panels reflektiert. Die Produktionsleistung im Winterhalbjahr ist besonders relevant, weil in dieser Zeit generell mehr Energie benötigt wird, etwa für das Heizen oder die Beleuchtung, und die Wasserkraftwerke weniger Strom produzieren. Freistehende Anlagen in den Bergen müssen aber im Einzelfall auf ihre Naturverträglichkeit geprüft werden. Sie sollten lediglich eine Ergänzung zum Ausbau der Solarenergie auf bestehenden Gebäuden darstellen.
Gut zu wissen: Mehr vom besonders wertvollen Winterstrom liefern auch Anlagen im Flachland, die vertikal installierte Module enthalten, zum Beispiel an Fassaden und auf Flachdächern.
2. Solarwärme für Gebäudeheizung und Warmwasser
Solarthermische Anlagen erzeugen keinen Strom, sondern Wärme: für die Heizung und den Warmwasserbedarf von Gebäuden, für industrielle Prozesse oder Wärmenetze. Weil in der Schweiz heute noch ein Grossteil der Gebäude mit klimaschädlichen fossilen Brennstoffen – Heizöl und Erdgas – beheizt wird, kann Solarthermie hier einen besonderen Beitrag an den Klimaschutz leisten. In neuen, effizienten Gebäuden kann Solarthermie den Wärmebedarf komplett decken.
3. Gebäudepark nutzen, Grünflächen freilassen
«Rund die Hälfte des Stromverbrauchs der Schweiz könnte problemlos mit Solarenergie gedeckt werden.»
Studien zufolge beträgt das Solarstrompotenzial allein auf Schweizer Gebäuden und Infrastruktur jährlich bis zu 81 TWh/a. Um die Energiewende zu schaffen, benötigen wir weniger als die Hälfte davon.
Zusätzliche Potenziale auf unversiegelten Flächen sollten nur dort genutzt werden, wo die Konflikte mit dem Natur- und Artenschutz minimal sind. Auf dieses Kriterium hin zu prüfen sind beispielsweise Autobahn- oder Bahngleisböschungen, die keine ökologischen Ausgleichsflächen sind. Aber auch Deponie- und Konversionsflächen, Steinbrüche oder Wasserflächen künstlicher Gewässer können näher geprüft werden.
Freiflächen in den Bergen können für die Erzeugung von Winterstrom geprüft werden, wenn sie bereits stark genutzt oder ökologisch uninteressant sind und wenn nur minim zusätzliche Infrastruktur wie Zufahrtsstrassen und Stromleitungen erforderlich ist. Anlagen auf Freiflächen müssen möglichst naturverträglich realisiert werden (kleinsäugerverträgliche Einzäunung, Hecken, Magerwiesen, Totholz etc.)
Wie viel Strom oder Wärme kann Ihr Dach produzieren? Finden Sie es mit dieser Karte heraus.
4. Das Märchen von der teuren Solarenergie
In vielen Ländern sind grosse Solaranlagen heute die günstigste Möglichkeit, Strom zu produzieren. Berücksichtigt man nicht nur die entstehenden, sondern auch die vermiedenen Umweltschäden durch andere Energieträger, dann ist Solarstrom für die Gesellschaft längst günstiger als Kohle- oder Atomstrom. Auch im Vergleich zur Wasserkraft hat die Solarenergie aus ökologischer und wirtschaftlicher Perspektive die Nase vorne. Folgende Faktoren sind zudem zentral für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit:
- Solarstrom schafft Wertschöpfung und Arbeitsplätze vor Ort. Aktuell fliessen mehr als die Hälfte der Investitionskosten an lokale Bau- und Planungsfirmen. Weil die Material- und Anlagenkosten längerfristig tendenziell günstiger werden, steigt der regionale Anteil schnell.
- Solarstrom verringert die Importabhängigkeit von Öl und Erdgas.
Solarenergie ist also auch aus wirtschaftlicher und nicht nur aus ökologischer Sicht die richtige Wahl.
Wie ist das mit der Energiebilanz von Solarzellen?
Nach ein bis zwei Jahren haben Solarstromanlagen die Energie, die für die Herstellung eingesetzt wurde, wieder zurückgewonnen. Die Lebensdauer einer Anlage beträgt bis zu 30 Jahre.
Ist Solarstrom ökologischer als Strom aus Wasserkraft?
Ja, Photovoltaik-Anlagen sind deutlich ökologischer als viele Wasserkraftwerke. Dabei gibt es aber Unterschiede je nach Herstellungsbedingungen. Besonders ins Gewicht fällt, dass in China – dem Marktführer in der Produktion von Photovoltaik – bei der Produktion oftmals Kohlestrom genutzt wird. Es gilt deshalb: Je weniger Kohlestrom bei der Produktion von PV-Modulen zum Einsatz kommt, desto deutlicher verbessert sich die Ökobilanz von Solarstromanlagen. Insgesamt aber gilt, dass Solarmodule auch bei Einsatz von Kohlestrom die anfallenden Emissionen bei der Produktion innert weniger Betriebsjahre überkompensieren.
Enthalten Solarzellen bedenkliche Rohstoffe?
Mehr als 90 Prozent der eingesetzten Solarzellen bestehen aus Silizium. Silizium ist das zweithäufigste Element der Erdkruste, wird aus Quarzsand gewonnen und ist ungiftig. Silizium und in der Elektronik verwendete Metalle sind zudem vollständig wiederverwertbar. Für die Produktion werden keine seltenen Erden und wenig schädliche Materialien eingesetzt – nur im Rahmen, wie es bei elektrischen Geräten nötig und üblich ist.
So gelingt die Solaroffensive
Politiker:innen auf Bundes- und Kantonsebene haben es in der Hand, die Solarenergie im grossen Stil voranzutreiben. Der WWF Schweiz empfiehlt folgende Massnahmen:
- Vorgaben für Hauseigentümer:innen, geeignete Dach- und Fassadenflächen für Solarenergie zu nutzen: Kantone sollen für Gebäude einen «Solarstandard» einführen. Dieser soll eine maximale Belegung geeigneter Dächer mit Fotovoltaik vorschreiben. Ein solcher Standard wäre auch für Fassaden, Brüstungen oder Geländer denkbar. Mit gutem Beispiel geht der Kanton Basel-Stadt voran, auch die Überarbeitung der sogenannten «Mustervorschriften für Kantone im Energiebereich» hält neue Standards bereit.
- Kostendeckende Finanzierung gewährleisten: Käufer:innen von Solaranlagen müssen angemessen unterstützt und entschädigt werden. Die Förderbeiträge des Bundes, zusammengerechnet mit dem Ertrag für ins Netz eingespeisten Solarstrom, müssen den Finanzierungskosten einer Solaranlage entsprechen. Über die Lebensdauer der Anlage können so die beim Kauf anfallenden Kosten (inklusive angemessener Verzinsung) egalisiert werden. Das neue Stromgesetz verlangt dies ebenfalls.
- Zulassung ausschliesslich von solaraktiven Bauteilen: Alternativ zu einem Solarstandard für Bauherren und Hauseigentümer:innen kann die Solarstromproduktion über die Zulassung von Bauteilen beschleunigt werden: Es werden künftig ausschliesslich Bauteile (für Dach, Fassade, Brüstungen/Geländer etc.) zugelassen, die Strom oder Wärme aus Sonnenlicht gewinnen.
In den letzten 100 Jahren hat die Schweiz erhebliche Summen ausgegeben, um die Wasserkraft auszubauen. Auch die Atomkraftwerke wären ohne staatliche Unterstützung nie entstanden. Nun gilt es, den Rahmen zu setzen und die notwendigen Mittel dafür einzusetzen, die Kraft der Sonne auszunutzen. Dieser Ausbau ist notwendig und realistisch. Die wichtigsten Rahmenbedingungen schafft das neue Stromgesetz, über das am 9. Juni abgestimmt wird. Alle Infos dazu gibt es hier.
Selber Solarstrom produzieren!
Einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten und dabei noch Geld sparen? Auch Mieter:innen können mit einer Balkon-Solaranlage eigenen Solarstrom produzieren. Nicht vergessen: Vor dem Kauf mit der Mustervereinbarung vom Vermieter bewilligen lassen. Weitere Infos unter srf.ch/kassensturz.